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Neue Organisationsformen in Politik und Wirtschaft. Kybernetische Materialisierung jenseits der Hierarchie

Author: Al-Ani, A
Published in: Jeschke, S., Schmitt, R., & Dröge, A. (Eds.), Exploring Cybernetics. Kybernetik im interdisziplinären Diskurs (pp. 41-62). Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Year: 2015
Type: Book contributions and chapters

Die Kybernetik entstand aus der Tradition der militärischen Planung im Zweiten Weltkrieg und verstand sich als eine Wissenschaft, die einen Kampf gegen Unordnung, Chaos bzw. Entropie zu führen hatte. Dieser „Gegner“ war zudem verschlagen, konnte täuschen und tricksen, so wie der Feind im Krieg, dessen Aktionen man vorhersagen musste, um ihn zu beherrschen und zu besiegen. Obwohl der Gründer dieser Disziplin, Norbert Wiener, ein ausgewiesener Antimilitarist war, stand diese Denkschule doch stets im Dienst entsprechender Institutionen, wie etwa der Rand Corporation und Cowles Commission, deren Denker diese Sichtweise auch auf die Organisationslehre übertragen konnten und sie im Einklang mit der Hierarchie in Wirtschaft und Politik und deren Anforderungen betrachteten. Schon in den 60er-Jahren und folgend erkannte man allerdings die Grenzen dieser Organisationslehre, insbesondere ihrer eindimensionalen Verhaltensannahmen. Die Zuwendung zum Individuen, zur Individualität jenseits traditioneller Modellannahmen, war nun eine Gegenreaktion, in der immer schwieriger Muster erkennbar waren und Vorhersagen sich fast verbaten. In der „radikalen Kontingenz“ sind Entscheidungen ja immer auch anders möglich. Organisatorische Dezentralisierungen, die notwendig waren, um schneller und flexibler auf Marktsignale reagieren zu können, führten zu großen Problemen bei der Koordination: Der Gipfel dieser Sichtweise, die Chaostheorie, versuchte zwischen dieser Kakophonie an Handlungen nur mehr allgemeine Muster als Botschaften im Rauschen zu erkennen: die Integration und Steuerung wurde aber dem Individuum zugewiesen, welches sich in dieser Situation wohl allein gelassen fühlen musste. Durch die Sozialen Medien gelang erst Anfang des neuen Jahrtausends immer mehr Individuen die Flucht aus der Hierarchie, indem sie sich mit anderen Gleichgesinnten zu Netzwerken zusammenschlossen, um ihre Interessen umzusetzen, indem sie Software programmieren, Produkte entwickeln oder journalistische Inhalte erstellen. Die Ergebnisse dieser Netzwerke sind sehr innovativ. Die traditionelle Hierarchie in Politik und Wirtschaft setzt nun zur Kooptation an und wird sich im Zuge dieser Vereinnahmung transformieren müssen, um etwa kybernetische Elemente der Selbststeuerung zu integrieren, mit dem Ziel, die Anpassungsmöglichkeiten an erratische Märkte und sich verändernde Gesellschaften zu erhöhen

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