Zum Inhalt springen
startup
23 Juli 2016

KMU trifft Startup – und vice versa.

Das Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Berlin, eine Förderinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, wird sich ab sofort mit den Herausforderungen der Digitalisierung des deutschen Mittelstands beschäftigen. Das Zentrum richtet sein Angebot insbesondere an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der Region Berlin-Brandenburg. Neben dem Konsortialführer Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und weiteren Partnern (u.a. dem Hasso PIattner Institut, Universität Potsdam, Technische Hochschule Brandenburg, Lernfabrik) wird sich auch das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) in das dreijährige Projekt einbringen.

KMU & Startups

Das HIIG wird sich im Projektverbund vor allem den praxisnahen Wissenstransfer zwischen Startups und KMU in der Region Berlin-Brandenburg übernehmen (siehe Abbildung 1) und die Zusammenarbeit zwischen beiden Gruppen wissenschaftlich begleiten.

Laut geltender Definition der Europäischen Kommission sind mit dem Begriff KMU sowohl mikro- als auch kleine- und mittelgroße Unternehmen gemeint. Erstere beschäftigen nicht mehr als 10 MitarbeiterInnen und erzielen einen Jahresumsatz von weniger als zwei Millionen Euro. Kleine (und mittelgroße) Unternehmen beschäftigen maximal 50 MA (250 MA) und erreichen einen maximalen Jahresumsatz von 10 Millionen Euro (50 Millionen Euro). Startups bilden innerhalb dieser Definition eine Unterkategorie von Unternehmen, die laut dem Deutschen Startup Monitor (Vgl. Ripsas und Tröger 2015)  durch zusätzliche Merkmale gekennzeichnet sind:

  • Sie sind jünger als zehn Jahre
  • Sie sind mit ihrer Technologie und/oder ihrem Geschäftsmodell (hoch) innovativ
  • Sie haben (streben) ein signifikantes Mitarbeiter- und/oder Umsatzwachstum (an)

Weiterhin zeichnen sich Startups durch die ausgeprägte Nutzung von digitalen Technologien und nehmen so eine Vorreiterrolle beim Thema Digitalisierung ein.

Aus typischen Handlungen und Entwicklungsgeschichten von Startups wurden eine Reihe von Philosophien und Merkmalen abgeleitet, die ihren Erfolg oder Misserfolg beinflussen. So zum Beispiel die Lean-Startup Methode (Vgl. Ries 2011). Diese basiert auf „Build-Measure-Learn“ Zyklen und „Trial-and-Error“ Prinzipien. Durch die hohe Ergebnisorientierung werden nicht zielführende Ansätze beim Bau von Produkten schnell wieder verworfen. Als weiteres Beispiel zeichnet sich die Design-Thinking Methode durch ihre enorme Kundenzentriertheit aus. Diese machen sich Startups häufig zunutze und erreichen dadurch schnell eine hohe Kunden- und Marktakzeptanz. Darüber hinaus finden sich in Startups häufig flachere und dynamischere Organisationsstrukturen. Durch dynamischere Strukturen und den starken Fokus auf Innovation und Wachstum mangelt es Startups jedoch häufig an wichtigen ablauf- und aufbauorganisatorischen Prozessen und einer nachhaltigen Geschäftstätigkeit, da das Geschäftsmodell oft noch nicht final definiert ist (Vgl. Blank und Dorf 2012).

Im Gegensatz dazu liegt bei KMU der Schlüssel zum Erfolg häufig auf einem etablierten Geschäftsmodell und Prozessen, die eine entsprechende Marktposition begründen (Vgl. Armutat et al. 2015). Beim Thema Digitalisierung stehen KMU jedoch vor großen Herausforderungen. 94% der deutschen KMU bestätigen, dass die Digitalisierung ihre Geschäfts- und Arbeitsprozesse beeinflusst, während nur rund ein Drittel die Digitalisierung im eigenen Unternehmen als stark ausgeprägt einschätzen (Vgl. Schumann et al. 2014). Oftmals scheitert die Digitalisierung an mangelnder Zielsetzung und Vorgaben aus dem Top Management (Riemensperger et al. 2015).

Die relevanten Erfolgskriterien zeigen die unterschiedlichen Ansprüche und Bedürfnisse von Startups und KMU. Gleichzeitig bieten diese Differenzen großes Potential für einen praxisnahen Wissensaustausch. Ziel ist es, KMU Startup-Best-Practices zu vermitteln, um die Vorteile der Digitalisierung erfolgreich zu heben und so die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Im Gegenzug können Startups von den nachhaltigen Geschäftspraktiken und Erfahrungen etablierter KMU profitieren.

Fragen, mit denen sich das HIIG im Detail beschäftigen wird, sind unter anderem:

  • Wie können KMU von Startups im Hinblick auf die Digitalisierung lernen? Wie können umgekehrt Startups von KMU profitieren? Welche möglichen Formen der Zusammenarbeit bieten sich zwischen Startups und KMU an?
  • Wie funktioniert Lernen und Entwicklung in Bezug auf Innovations- und Digitalisierungsprozesse in KMU? Wie nehmen KMU neues Wissen auf und transformieren es in Organisations- und Geschäftsentwicklung?
  • Was sind fördernde und hindernde Faktoren im Prozess der Digitalisierung in KMU?

KMU-Sprechstunden

Seit mehr als drei Jahren beschäftigt sich die Innovation und Entrerpreneurship ForscherInnengruppe des HIIG mit Internet-enabled Startups und ihren spezifischen Herausforderungen im Gründungsprozess. Analog ist geplant, das Angebot auch auf KMU auszuweiten. Mit ihnen sollen ebenso in kurzen persönlichen Sessions spezifische Fragestellungen rund um das Thema Digitalisierung diskutiert, analysiert und ausgewertet werden. Wie in denStartup-Clinicssollen auch hier – bei Bedarf – hilfreiche Kontakte zu Digitalisierungs- und Startup-ExpertInnen aus eigenem Netzwerk hergestellt werden.

Umsetzungsprojekte

Als projektübergreifender Pate für das Metathema Geschäftsmodelle (siehe Abbildung 1 oben) erfolgt eine konzeptionelle und inhaltliche Zuarbeit für alle anderen Projektpartner bei Ihren jeweiligen Initiativen. Darüber hinaus werden auch eigene Geschäftsmodell-Innovation Workshops am HIIG stattfinden, die KMU nicht nur ihre persönlichen Digitalisierungspotentiale aufzeigen, sondern auch Veränderungsprozesse und Umsetzungsprojekte auslösen sollen. Es wird jedoch keinesfalls um Digitalisierung per se gehen, sondern vielmehr um bestimmte Arbeits- und Geschäftsprozesse, die mit digitalen Möglichkeiten verbessert, vereinfacht und wirtschaftlicher gestaltet werden. Gegebenenfalls können hilfreiche Kontakte zu ExpertInnen hergestellt werden, die KMU anschließend bei der konkreten Umsetzung der Projekte begleiten können.

Alle Aktivitäten und Maßnahmen im Rahmen der Initiative werden kontinuierlich evaluiert und angepasst um KMU bestmöglich über die kommenden drei Jahre zu unterstützen. Darüber hinaus wird das HIIG regelmäßig praxisnahe Blog-, Interview-, Videobeiträge und wissenschaftliche Konferenz- und Fachpublikationen zu KMU-Digitalisierungsthemen veröffentlichen und zur aktiven Vernetzung von Projektpartnern, KMU und Startups beitragen.

Dieser Beitrag ist Teil der regelmäßig erscheinenden Blogartikel der Doktoranden des Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft. Er spiegelt weder notwendigerweise noch ausschließlich die Meinung des Institutes wieder. Für mehr Informationen zu den Inhalten dieser Beiträge und den assoziierten Forschungsprojekten kontaktieren Sie bitte info@hiig.de.


Quellen

Dieser Beitrag spiegelt die Meinung der Autorinnen und Autoren und weder notwendigerweise noch ausschließlich die Meinung des Institutes wider. Für mehr Informationen zu den Inhalten dieser Beiträge und den assoziierten Forschungsprojekten kontaktieren Sie bitte info@hiig.de

Martin Wrobel, Prof. Dr.

Assoziierter Forscher: Innovation, Entrepreneurship & Gesellschaft

Jessica Schmeiss, Dr.

Ehem. Assoziierte Forscherin: Innovation, Entrepreneurship & Gesellschaft

Auf dem Laufenden bleiben

HIIG-Newsletter-Header

Jetzt anmelden und  die neuesten Blogartikel einmal im Monat per Newsletter erhalten.

Forschungsthema im Fokus Entdecken

Man sieht einen leeren Büroraum ohne Möbel und braunen Teppichboden. Das Bild steht sinnbildlich für die Frage, wie die Arbeit der Zukunft und digitales Organisieren und Zukunft unseren Arbeitsplatz beeinflusst. You see an empty office room without furniture and brown carpeting. The image is emblematic of the question of how the work of the future and digital organising and the future will influence our workplace.

Digitale Zukunft der Arbeitswelt

Wie werden KI und Digitalisierung die Zukunft der Arbeit verändern? Wir erforschen ihre Auswirkungen sowie die Chancen und Risiken.

Weitere Artikel

Das Bild zeigt eine Wand mit vielen Uhren, die alle eine andere Uhrzeit zeigen. Das symbolisiert die paradoxen Effekte von generativer KI am Arbeitsplatz auf die Produktivität.

Zwischen Zeitersparnis und Zusatzaufwand: Generative KI in der Arbeitswelt

Generative KI am Arbeitsplatz steigert die Produktivität, doch die Erfahrungen sind gemischt. Dieser Beitrag beleuchtet die paradoxen Effekte von Chatbots.

Das Bild zeigt sieben gelbe Köpfe von Lego-Figuren mit unterschiedlichen Emotionen. Das symbolisiert die Gefühle, die Lehrende an Hochschulen als innere Widerstände gegen veränderung durchleben.

Widerstände gegen Veränderung: Herausforderungen und Chancen in der digitalen Hochschullehre

Widerstände gegen Veränderung an Hochschulen sind unvermeidlich. Doch richtig verstanden, können sie helfen, den digitalen Wandel konstruktiv zu gestalten.

Das Foto zeigt einen jungen Löwen, symbolisch für unseren KI-unterstützten Textvereinfacher Simba, der von der Forschungsgruppe Public Interest AI entwickelt wurde.

Von der Theorie zur Praxis und zurück: Eine Reise durch Public Interest AI

In diesem Blogbeitrag reflektieren wir unsere anfänglichen Überlegungen zur Public Interest AI anhand der Erfahrungen bei der Entwicklung von Simba.